Gesellschaft für Werdenberger Geschichte und Landeskunde

630 Jahre alte Urkunde für die Nachwelt gesichert

01.03.2020

Durch Vermittlung des WGL-Vorstandsmitglieds Werner Hagmann hat der 1389 ausgestellte Lehenbrief der Seveler Alp Arin (Inarin) Anfang 2020 als Schenkung dem Staatsarchiv St.Gallen übergeben werden können.

Alte Dokumente und Urkunden wurden früher oft in Schubladen oder Truhen in privaten Haushaltungen aufbewahrt und über Generationen hinweg weitergegeben. Mit der zunehmenden Mobilität und dem schwindenden Bezug zur eigenen Herkunft sind solch wertvolle Quellen, welche die «amtliche» Überlieferung in staatlichen Archiven ergänzen, akut gefährdet. Bei Todesfällen und Haushaltauflösungen landen solche Unterlagen aus Unkenntnis leider allzu oft buchstäblich in der «Mulde» oder werden in alle Winde zerstreut.

Dank der Aufmerksamkeit und dem gezielten Eingreifen des WGL-Vorstandsmitglieds Werner Hagmann, Historiker und Archivar, ist es kürzlich erfreulicherweise gelungen, ein für die Geschichte der Region Werdenberg einzigartiges Originaldokument zu retten und für die Nachwelt zu sichern. Nach dem Hinschied des letzten Besitzers bot die Witwe Hand dazu, das Dokument einem öffentlichen Archiv abzutreten.

Es handelt sich dabei um einen über 630 Jahre alten Lehenbrief der Alp Arin. Ausgestellt wurde die Urkunde von Graf Heinrich II. von Werdenberg-Heiligenberg(-Rheineck) auf der Burg Werdenberg, und zwar «an dem nechsten donstag for unsers herren uffart dag, als man zalt von götz geburt druzehen hundert achzig jar dar nach in dem nunden jar», also am 20. Mai. 1389. Der damalige Landesherr der Grafschaft Werdenberg verleiht darin Hans Steinheuel und Fridolin Imboden die Alp Arin zu Erblehen – bei den Lehennehmern handelt es sich wohl um zwei in Sevelen ansässige Untertanen. Als Zins mussten sie jährlich auf Martini 38 Mass Schmalz und 10 Käse im Wert von 10 Konstanzer Pfennigen auf der Burg Werdenberg abliefern.

Die Bedeutung der Urkunde für die Geschichte der Region Werdenberg wird dadurch unterstrichen, dass diese sowohl ins «Chartularium Sangallenense» wie auch in die vor dem Abschluss stehende Werdenberger Rechtsquellenedition aufgenommen wurde – die Projektverantwortliche Sibylle Malamud schreibt dazu: «Es handelt sich hier um die älteste Lehenurkunde einer Alp in der Region Werdenberg.»

Die unscheinbare Pergamenturkunde mit einer Grösse von gerade mal 20 x 11.5 cm ist vom hohen Alter und den oft wohl nicht optimalen Aufbewahrungsbedingungen gezeichnet: Sie weisst Verfärbungen auf, die Schrift ist stark abgerieben und die Tinte verblasst, was bei mehreren Stellen eine sichere Lesung erschwert. Zum Glück finden sich Abschriften im Ortsgemeindearchiv Sevelen sowie im Privatarchiv Hilty, so dass sich der Inhalt der Urkunde dennoch weitgehend rekonstruieren liess. Auch das Siegel ist im Lauf der Zeit verloren gegangen, der Pergamentstreifen, an dem es befestigt war, ist aber noch vorhanden.

Überliefert wurde die Urkunde aller Wahrscheinlichkeit nach über Generationen hinweg in der Familie Litscher im sogenannten Richterhaus an der Histengass 58 in Sevelen – deren männliche Vertreter hatten bis weit in die Landvogtszeit zurück das Richteramt inne. Von dort ist sie wohl von Johann Ulrich Litscher (1866–1937) ins von ihm erbaute Haus im Gärtli mitgenommen worden, wo auch dessen Enkel Heinrich Wilhelm, der letzte Besitzer, wohnte. Im Lauf des 20. Jahrhunderts ging die Urkunde durch verschiedene Hände. Ein beigelegter Briefumschlag belegt, dass auch die beiden Heimatkundler Jakob Kuratli von Azmoos und Heinrich Seifert von Sevelen sich mit dieser befassten.

Um die Urkunde langfristig zu erhalten und der Forschung zugänglich zu machen, hat Werner Hagmann diese in Absprache mit der Donatorin Verena Wilhelm-Burkhardt dem Staatsarchiv St.Gallen als Schenkung zur dauerhaften Aufbewahrung übergeben.

Neben dem Lehenbrief aus dem Jahr 1389 umfasst die Schenkung auch einen Schiedsspruch von Hans Ulrich von Ems zwischen der Pfarrei Wartau-Gretschins und derjenigen von Sevelen vom 7. September 1434 betreffend die Grenzen, die Allmendnutzung und den Verkauf eines Ackers zur Herstellung von Glocken. Hierbei handelt es sich allerdings nicht um das Original, sondern um eine Abschrift vermutlich aus dem 18. Jahrhundert.

Link zum Lehenbrief Alp Arin von 1389: https://www.ssrq-sds-fds.ch/exist/apps/ssrq/SG/SSRQ_SG_III_4_012_1.xml

Link zum Schiedsspruch von 1434: https://www.ssrq-sds-fds.ch/exist/apps/ssrq/SG/SSRQ_SG_III_4_039_1.xml

HJR